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Nachricht aus Versicherungen & Finanzen vom 20.4.2020

Die Anbieter von Altersvorsorge-Produkten müssen die Effektivkosten ihrer Policen angeben. Doch damit würden die Angebote nicht vergleichbar, nur Fachleute könnten in aufwendigen Berechnungen für Transparenz sorgen. Das kritisiert eine Expertengruppe des Bundesverbandes Finanz-Planer um Professor Heinrich Bockholt.

Seit Anfang 2017 müssen die Anbieter von Riester- und Rürup-Renten gemäß der Altersvorsorge-Produktinformations-Blatt-Verordnung (AltvPIBV) die Kosten dieser staatlich geförderten Versicherungen der ersten Schicht offen legen (VersicherungsJournal 31.8.2016).

Für die Policen der zweiten und dritten Schicht gilt bereits seit Anfang 2015 die VVG-Informationspflichten-Verordnung, die ebenfalls den Ausweis der Effektivkosten vorschreibt (29.6.2015).

Kritik an den Berechnungsmethoden

Die beiden Verordnungen geben unterschiedliche Berechnungsmethoden der Effektivkosten vor. Zudem lassen sie Spielraum für Interpretationen, so dass die von den Versicherern berechneten Abzüge nicht vergleichbar sind.

Das wurde von Branchenbeobachtern von Anfang an kritisiert, fand aber beim Verordnungsgeber, dem Bundesministerium der Finanzen (BMF), kein Gehör.

Nun haben eine Expertengruppe des Bundesverbandes Finanz-Planer e.V. (BFP) sowie ein Versicherungsmakler einen Vorstoß gestartet, die aus ihrer Sicht gröbsten Mängel zu benennen und Abhilfe zu fordern. Mitglieder dieser Gruppe sind:

  • Professor Heinrich Bockholt, Lehrbeauftragter an der Hochschule Koblenz und an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heidenheim sowie Beirat des BFP,
  • Oliver Bischof, Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH) und Inhaber des Versicherungsmaklers Fair Direkt – Zukunftsplanung e.K.,
  • Jürgen Dries, Geschäftsführer des Versicherungsmaklers Yourconsult GmbH & Co. KG und Vorstandmitglied im BFP, sowie
  • Elgin Gorissen-van Hoek, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Baufinanzierung an der IHK München, Honorar-Finanzanlageberaterin nach § 34h GewO und stellvertretende Vorsitzende des BFP.
Oliver Bischof (oben links), Heinrich Bockholt, Jürgen Dries (unten links) und Elgin Gorissen van Hoek (Bild: privat)

Oliver Bischof (oben links), Heinrich Bockholt, Jürgen Dries (unten links) und Elgin Gorissen van Hoek
(Bild: privat)

Die wahre Bedeutung der Effektivkosten

Nach Ansicht der Vier ist die wahre Bedeutung der anzugebenden Effektivkosten weder bei den Vermittlern/Beratern, noch bei den Verbrauchern bekannt oder bei den Verbraucherschützern und Medien angekommen.

Das wollen die Experten ändern und haben deshalb den Sachverhalt gründlich untersucht. Ihre Erkenntnisse haben sie in ihrem Aufsatz „Effektivkosten – Die neue Transparenz bei Altersvorsorgeprodukten für Verbraucher und Vermittler/Berater?“ dargelegt.

Sie kommen darin zu dem Ergebnis, dass derzeit nur Wenige exakt prüfen könnten, ob sich das Produkt vor Vertragsunterschrift für den Kunden lohnt oder nicht. Nur mit hohem Aufwand und mit Einsatz entsprechender Software und finanzmathematischer Expertise seien die einkalkulierten Kostenstrukturen für Verbraucher und Vermittler/Berater zu erkennen und „vergleichbar“.

Vermittler in der Haftungsfalle

Der Gesetzgeber habe es, wie üblich in der Branche, den Verbrauchern und Vermittlern schwer gemacht, indem er keine einheitliche detaillierte Vorschrift zu den Effektivkosten für die Altersvorsorgeprodukte aller drei Schichten erlassen hat. Auch seien Sprache und Definitionen unterschiedlich, der Durchblick werde damit erschwert.

Für den Vermittler und Berater werde es Pflicht werden, sich mit diesem Thema aus Haftungsgründen zu beschäftigen, weil sonst Regressforderungen auf sie zukommen könnten.

Lebensversicherungen müssen vergleichbarerer und transparenter werden

Der Verbraucher sei erst einmal wieder allein gelassen, weil er ohne professionelle Hilfe die erforderlichen Analysen nicht durchführen könne. Man könne meinen, das sei wohl die Intention des Gesetzgebers gewesen. Für die Produktgeber wird sich auf mittlere Sicht einiges ändern, erwarten die Autoren.

Weil kostenintensive Produkte in der anhaltenden Niedrigzinsphase kaum dazu beitragen könnten, mehr als die Beitragssumme beziehungsweise den Beitragserhalt zu leisten, werde das Thema in seiner vollen Wucht auf die Anbieter zukommen: Die Angebote und Verbraucherinformationen mit den ausgewiesenen Kostenstrukturen müssten angepasst werden.

Claus-Peter Meyer

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